Projektbeschreibung und Ziele: Kastanienhaine sind ausgedehnte Anbauflächen für die Produktion der Edelkastanie, der „Keschtn“ im Südtiroler Dialekt. Sie sind Teil einer ästhetischen und wertvollen Kulturlandschaft und finden sich an vielen Hängen der Südtiroler Haupttäler. Die meisten von ihnen wurden während der österreichisch-ungarischen Monarchie als Notration in Zeiten der Hungersnot gepflanzt, heute stehen sie im Mittelpunkt vieler traditioneller Herbstveranstaltungen und bilden die Grundlage für die kulinarischen Leckerbissen des Törggelens. Kastanienhaine sind aufgrund ihrer extensiven Bewirtschaftung auch ein wertvoller Lebensraum für viele Pflanzen- und Tierarten, doch gibt es bisher keine systematischen Untersuchungen über die Biodiversität dieser Lebensräume in Südtirol.
Um einen Einblick in die Artenvielfalt von Kastanienwäldern zu erhalten, führte das BMS-Team mit Hilfe einer Reihe von Partnern umfassende Erhebungen in Kastanienwäldern durch. Die Untersuchung gibt Aufschluss über die charakteristischen Artengemeinschaften des Lebensraums und analysiert dessen Bedeutung für geschützte Arten. Darüber hinaus zielt eine Studie über den Späten Kastanienwickler bzw. Eichenwickler (Cydia splendana) und weitere Schadmotten darauf ab, die Rolle von Fledermäusen und Vögeln bei der biologischen Bekämpfung dieser Art zu verstehen.
Die Aktivitäten gehen Hand in Hand mit der Initiative Baumgart, die versucht, das Bewusstsein für den hohen Wert von Streuobstwiesen und Kastanienhainen zu schärfen. Im Jahr 2024 legte Baumgart einen besonderen Schwerpunkt auf Kastanienhaine und veranstaltete einen Wettbewerb zur Wahl des wertvollsten Kastanienhains in Südtirol.
Methoden: Im Jahr 2024 wurden fünf Kastanienhaine untersucht. Diese befinden sich in Tschars, Völlan, Grissian und Kohlern sowie in Feldthurns. Auf diesen Flächen wurde das Standard-Erhebungsprogramm des BMS durcheführt: Das Vorkommen von Vögeln und Fledermäusen, Tagfaltern, Heuschrecken, Gefäßpflanzen und verschiedene Bodeninvertebraten wurde erhoben. Darüber hinaus wurde mit einem professionellen Baumkletterer eine Untersuchung von Altbäumen durchgeführt, um Fledermausquartiere in Bäumen zu lokalisieren (Im Eisacktal). Ein weiterer Schwerpunkt lag auf der Erfassung der geschützten Käferart Osmoderma, die ebenfalls auf alte Laubbäume angewiesen ist. In Zusammenarbeit mit der Fondazione Edmund Mach im Trentino wurde der Befall und die Phänologie von dem Mittleren Kastanienwickler (Cydia fagiglandana), dem Späten Kastanienwickler (Cydia splendana) und dem Frühen Kastanienwickler (Pammene fasciana)untersucht. Dabei handelt es sich um, Schadmotten, die Kastanienkulturen befallen. Diese Studie, die auch in fünf weiteren Kastanienhainen im Trentino durchgeführt wird, soll Aufschluss über die Räuber-Beute-Beziehung zwischen den Schadmotten und Fledermäusen und Vögeln geben, die an den jeweiligen Standorten vorkommen. 2025 wird die Studie in fünf weiteren Kastanienwäldern in Südtirol fortgesetzt.
Partner: Initiative Baumgart, Fondazione Edmund Mach, Amt für Natur der Autonomen Provinz Bozen – Südtirol und Naturmuseum Südtirol (SpeciesMonitoring Project)
Kontakt: Hanna Steigleder: Hanna.Steigleder@eurac.edu und Chiara Paniccia: Chiara.Paniccia@eurac.edu