Wiesen und Weiden

Die Landschaft Südtirols ist durch eine jahrtausendealte Nutzungsgeschichte geprägt. Um Kühe, Schafe und Ziegen zu füttern, schuf der Mensch großflächig Weiden und Wiesen. Vom Menschen genutztes Grasland ist weltweit der Lebensraum mit den meisten Arten auf kleinem Maßstab. Auf einem kleinen Fleck einer extensiv bewirtschafteten Heuwiese können wir 50 oder sogar bis zu 100 Pflanzenarten erwarten. Der Blumenreichtum begünstigt den Reichtum an Schmetterlingen, und traditionelle Wiesen bieten einen ausgezeichneten Lebensraum für viele bodenbrütende Vogel, wie z.B. Braunkehlchen und Wachtelkönig.
Auch kleine Veränderungen in der Bewirtschaftung, etwa durch eine verstärkte Düngung, können die Lebewelt oberhalb und unterhalb der Erdoberfläche beeinflussen. Heutzutage können wir sowohl eine Tendenz zur Intensivierung von Gunstlagen als auch eine Bewirtschaftungsauflassung von Ungunstlagen beobachten.
Aufgrund der großen Bedeutung von Wiesen und Weiden für die heimische Biodiversität widmen wir diesen Lebensräumen einen bedeutenden Teil unserer Erhebungstätigkeit.

Heuwiesen sind ein sehr heterogener Lebensraumtyp, der von vielen Faktoren abhängt. Die wichtigsten Faktoren sind dabei die Meereshöhe, die Mähfrequenz, Düngung, geologische Unterlage, Exposition und Steilheit, Klima und Landnutzungsgeschichte.

Die Kategorie unterteilen wir in zwei Unterkategorien:

  • kolline bis montane Wiesen: 250 bis 1800 m Meereshöhe
  • subalpine Wiesen: 1800 bis 2200 m Meereshöhe

Die Hälfte der von uns erhobenen Flächen bekommen Landschaftspflegeprämien von der Provinz, weil sie aufgrund der sehr extensiven Bewirtschaftung einen hohen Naturwert aufweisen. Die andere Hälfte bekommt keine solchen Beiträge und besteht in erster Linie aus intensiven und semi-intensiven Heuwiesen.
Normalerweise sind die Wiesen mit Landschaftspflegeprämien maximal leicht gedüngt und besitzen eine geringe Mähfrequenz (maximal 2 Schnitte pro Jahr). Der erste Mähtermin ist dabei relativ spät im Jahr. Die nicht bezuschussten Wiesen hingegen besitzen aufgrund regelmäßiger Düngung eine gute Nährstoffversorgung, werden häufiger gemäht und der erste Schnitttermin ist relativ früh im Jahr. Insgesamt untersuchen wir 60 Wiesenstandorte.

Extensiv bewirtschafte Heuwiese im Matscher Tal

Extensive bewirtschaftet Wiese in der subalpinen Stufe

Kugelständel (Traunsteinera globosa) in einer Magerwiese bei Flaas (Jenesien)

Großer Bocksbart (Tragopogon dubius) in einem Halbtrockenrasen in Seit (Leifers)

Weiden findet man im ganzen Land und in allen Höhenstufen. In tieferen Lagen sind Weiden oft sehr trocken. Sie bestehen daher vielfach aus kontinentalen Trockenrasen und werden von Schwingeln und Federgras bestimmt. In der montanen Stufe ändert sich ihr Aspekt und Bürstlingsrasen nehmen überhand. Weiden an der Waldgrenze sind oft ebenfalls vom Bürstling dominiert, weisen aber schon viele alpine Elemente auf. Weiden aller Höhenlagen sind oft mit Sträuchern und Bäumen durchsetzt. Die große strukturelle Vielfalt bietet Nischen für viele verschiedene Tierarten, etwa für die Smaragdeidechse und den Neuntöter. Heutzutage leidet ein beträchtlicher Teil der Südtiroler Weiden an einer Auflassung der Bewirtschaftung und verbuscht infolgedessen zunehmend.

Für das Biodiversitätsmonitoring unterteilen wir die Weiden Südtirols in drei Unterkategorien, je nach Höhenlage:

  • Weiden der kollinen und submontanen Stufe, meist unterhalb von 1000 m Meereshöhe: steppenartige Trockenrasen mit einem hohen Anteil von kontinentalen Florenelementen, typischerweise mit Stipa spp., Melica sp., Koeleria sp. und Festuca
  • Weiden der montanen Stufe, etwa zwischen 1000 und 1800 m Meereshöhe: mäßig trockene bis feuchte Weiden, zum einen auf saurem, nährstoffarmem Untergrund (Violion caninae), zum anderen auf nährstoffreichem, basischem Untergrund (Cynosurion).
  • Weiden der subalpinen Stufe, zwischen 1800 und 2300 m Meereshöhe: An der Waldgrenze finden wir Bürstlingsrasen (Nardion strictae), die für ihren Blütenreichtum bekannt sind. Auf nährstoffreicheren und feuchteren Böden finden wir hingegen Grasländer mit guten Futtergräsern wie Poa alpina und Phleum rhaeticum.

In jeder Unterkategorie untersuchen wir 10 Standorte. Die kollinen bis submontanen Flächen wurden gezielt, die montanen bis subalpinen zufällig ausgewählt.

Weide in der subalpinen Stufe, Plätzwiese, mit Blick auf die Hohe Geißl

Fliegen-Ragwurz (Ophrys insectifera), Schelleberg bei Gossensass

Von Federgras dominierte, beweidete Trockenrasen bei Schluderns

Gewöhnliches Sonnenröschen (Helianthemum nummularium subsp. obscurum ) bei Brixen

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