Projektbeschreibung und Ziele: In den letzten Jahrzehnten hat sich die Landwirtschaft stark verändert. Wiesen werden vielfach früher und öfter gemäht und auch stärker gedüngt. Dies hat schwerwiegende Auswirkungen auf die Biodiversität. So wurden die Populationen jener Vogelarten, die an extensiv bewirtschaftete Wiesen und Weiden gebunden sind, stark dezimiert oder sind gar ganz verschwunden. Das Hauptziel dieses Projekts ist es, die Ökologie und Verbreitung jener Arten zu erforschen, die an extensiv bewirtschaftete Grasländer gebunden sind. Gleichzeitig gilt es zu verstehen, wie eine zukünftige Grünlandnutzung funktionieren kann, bei der auch diese Arten überleben können.
Methoden: Die Untersuchungsgebiete wurden anhand zweier Kriterien ausgewählt: Einerseits wurden bereits bekannte Verbreitungspunkte als Anhalt für eine mögliche rezente Verbreitung herangezogen, andererseits wurden potenziell geeignete Gebiete anhand landschaftlicher Kriterien vorausgewählt. Die Einzelerhebungen in den Untersuchungsflächen entsprechen in etwa jenen des Standardprogramms des Biodiversitätsmonitorings. Die Ornithologen besuchen die Erhebungspunkte zweimal jährlich zwischen April und Juli in den frühen Morgenstunden. Dort zählen sie alle beobachteten Arten, gehört oder gesehen, wobei zwischen denen innerhalb und denen außerhalb eines Radius von 100 m unterschieden wird. Außerdem werden auch Lockrufe abgespielt, um einige seltene Vogelarten nachzuweisen. Zudem werden auch Erhebungen in den Abendstunden durchgeführt, um nachtaktive Arten (Ziegenmelker, Wachtelkönig) zu erfassen.
Ergebnisse:
Die Ornithologen sammelten eine große Anzahl an Daten – insgesamt 371 Beobachtungen – von Arten, zu deren Verbreitung es bislang große Wissenslücken gab. Die erhobenen Daten wurden mit den bereits bekannten Angaben aus dem Biodiversitätsmonitoring und aus FloraFaunaSüdtirol kombiniert und gemeinsam analysiert. Die Ergebnisse zeigen, dass einige Arten wie der Neuntöter (Lanius collurio) oder die Goldammer (Emberiza citrinella) noch recht gut verbreitet sind, auch wenn sie lokal vielfach selten geworden sind oder auch ganz fehlen können. Bei anderen Arten, wie bei der Wachtel (Coturnix coturnix) oder der Nachtschwalbe, ist das Verbreitungsgebiet sehr begrenzt, wobei die aktuelle Verbreitung vermutlich aufgrund ihrer heimlichen Lebensweise und aufgrund fehlender, gezielter Erhebungen immer noch unterschätzt wird. Arten wie Sperbergrasmücke und Ortolan sind hingegen in Südtirol schon beinahe oder fast gänzlich verschwunden. Insgesamt ergaben die gezielten Untersuchungen ein klares Bild über die Verbreitung der Grünlandvogelarten. Alle erhobenen Daten werden in die Datenbank des Naturmuseums eingespielt und können in Zukunft auch im Portal FloraFaunaSüdtirol in Rasterform eingesehen werden.
Lebensraumanalyse
Unsere Ergebnisse bestätigten, dass Grasland, welches durch die traditionelle Form der Landwirtschaft geschaffen wurde und durch regelmäßige Mahd oder Beweidung offengehalten wird, für die untersuchten Arten essenziell ist. Insgesamt wurden erwartungsgemäß 84% aller Beobachtungen auf Mähwiesen und Weiden gemacht. Neben den Wiesen und Weiden wird aber auch eine Vielzahl von verschiedenen anderen Lebensraumtypen von den untersuchten Arten besucht bzw. bewohnt. Das deutet darauf hin, dass sich eine hohe landschaftliche Heterogenität und eine hohe Varianz an Ökotonen positiv auf Populationen und Verbreitung der Vogelarten von offenen Lebenräumen auswirken.
Partner: Das Projekt fand in Zusammenarbeit mit dem Amt für Natur (Aut. Prov. Bozen-Südtirol) statt.
Kontakt: Ansprechpartner für weitere Auskünfte ist Matteo Anderle, matteo.anderle@eurac.edu